Vor 100 Jahren ...
... leben mit den Jahreszeiten
Die Menschen hier am Niederrhein, wie auch anderswo in Deutschland lebten und versorgten sich mit dem Rhythmus der Jahreszeiten. Die Witterungsverhältnisse waren damals beständiger als heute. Auch damals gab es Wetterextreme. Sie standen aber nicht unter den Klimaverhältnissen, mit denen die Menschheit heute zu kämpfen hat. Im Sommer gab es meist reichlich von allem, aber im Winter mussten die Menschen Vorräte für den Winter anlegen. Die Älteren unter uns wissen das noch und können davon erzählen. Glücklich konnte sich schätzen, wer einen Garten hatte und die wichtigsten Gemüsesorten im eigenen Garten anbauen konnte.
Im März, wo der Winter sich dem Ende entgegen neigt, kann man anfangen, das erste Gemüse zu säen. Geeignet für eine Aussaat bei noch niedrigen Temperaturen sind unter anderem
Sauerkraut war die wichtigste Vitaminquelle für den Winter. Frischer Weißkohl wird ohne den Strunk mit einem Krauthobel in feine Streifen geschnitten und in einen Topf gegeben. Das untergemischte Salz entzieht während der Gärung dem Weißkohl die Flüssigkeit und konserviert den Saft bis zur ausreichend fortgeschrittenen Gärung. Mit einem Krautstampfer werden die Pflanzenzellen zersprengt, der Zellsaft kann austreten und muss schließlich den Kohl ganz bedecken. WikipediaDer Tontopf hatte im Normalfall eine größere Dimension und der
Holzbottich wartet noch auf seine Fertigstellung. Fotos: Wikipedia
Die Krauthälften wurden mit einem Krauthobel fein in einen darunter gestellten Tontopf oder Holzbottich geschabt. Der Zeitpunkt des Einschneidens war Ende Oktober/Anfang November.
Das gefüllte Gefäß wird mit einem ganzen Krautblatt, einem ausgekochten Tuch und Brettern abgedeckt und mit Steinen beschwert, so dass möglichst wenig Luft eindringen kann. Bei jeder Entnahme von Sauerkraut müssen Tuch, Bretter und Steine gründlich abgewaschen und die Tonne anschließend wieder sorgfältig verschlossen werden.
Stangenbohnen. Früher hatte jeder große Nutzgarten eine Reihe von Gartenbohnen. Die Bohnenstangen waren aus Holz und wurden jedes Jahr aufs neue verwendet. Nach dem Ernten wurden die Bohnen gewaschen und durch den Bohnenschneider geschickt. Danach wurden sie in Gläser eingekocht oder ganz traditionell in einen Bottich, (Bonnedöppe am Niederrhein), eingelegt.
Zum Einsatz kommt die Bohnenschnibbelmaschine, aber die meisten Frauen schnibbelten damals mit der Hand. Es gab auch eine Fadenabtrennmaschine, aber auch hier kam zumeist das Küchenmesser zum Einsatz. Fotos: Wikipedia
Die Kartoffel. Das Hauptnahrungsmittel in Deutschland, gestern wie heute. In der Vergangenheit war das Aufsammeln der Kartoffeln eine mühsame Handarbeit, die meistens von Frauen erledigt wurden. In den so genannten Kartoffelferien, verdienten sich auch Schüler ein kleines Geld.
Holzkartoffelkiste im Miniformat. Foto. W. Marx
Kartoffeln ausbuddeln nach dem Krieg am Rande des Büttger Waldes. Der Boden dort war sandig und die Frauen hatten weniger Mühe die Kartoffeln aus dem Boden zu graben.
Fritz und Marie Jetten hatten einen großen Nutzgarten und waren Selbstversorger. Hier sehen wir die beiden beim Schälen der eigenen Ernte. Jeder arbeitet mit dem üblichen Küekenmetzke (Küchenmesser). An diesem Tag in fröhlicher Runde bei einem Plausch. Mein Vater Aloys, im Hintergrund, guckte zu und der Nachbar Johannes war wie selbstverständlich, zu Hilfe gekommen. Fotos: W. Marx
1950 – so sah der erste Markttag in Wickrath nach dem Krieg aus. Ab diesem Tag, bis heute hat Gerhard Schmitz, Kartoffelbauer aus Lüttelforst, seinen Stand in Wickrath, (im Farbfoto rechts zu sehen). Inzwischen ist Gerhard Schmitz über 90 Jahre alt und hat längst an die jüngste Generation übergeben. - Es gab schon sehr früh Märkte auf den Dörfern, wo die Menschen direkt vom Erzeuger kaufen konnten.
Foto unbenannt, rechts W. Marx
Ebenfalls im Jahre1950, fünf Jahre nach dem verheerenden Weltkrieg, bot Gärtner Heinrich Hoffmann aus Schiefbahn, auf dem Krefelder Wochenmarkt, seine Erzeugnisse an. Die Kinder, aus heutiger Sicht in „schlichter“ Kleidung, bestaunten die Auslage. Keiner blickte neidvoll auf die Kleider des anderen.
Nur wenige Jahre vorher, war die Versorgungslage der deutschen Bevölkerung, so bedrohlich, dass die Stadtbewohner auf die Dörfer zum Hamstern fuhr. Sie tauschten ihre wertvollste Habe gegen etwas zu essen. Das Bild aus der Zeit sagt mehr aus, als Worte.
Fotonachweis: Dr. Ludwig Hügen
Eingemachtes. Verschiedene Sorten Bohnen, Gurken und Möhren - und Obst, wie Pflaumen, Pfirsiche und Kirschen wurden in Gläser eingelegt und eingekocht. Diese Lebensmittel waren lange haltbar und wurden auf Regalen in den Keller gestellt. Foto: Wikipedia
Jeder kennt den Spruch: Ans Eingemachte gehen!
Die Hauptnahrung. Kartoffeln, Brot, Gemüse: Sauerkraut, Bohnen, Erbsen, Möhren, Zwiebeln, Porree. Der Brotbelag: Schmalz, Rübenkraut mit Klättschkiees (Magerkäse), seltener Wurst und Schinken. Vom Schwein wurde alles restlos verwertet. Huhn gab es eigentlich nur als Suppe von ausgedienten Legehennen. Oft Hering. Heute ist der Hering eine Delikatesse, weil er durch Überfischung seltener wird.
Man lebte nach den Jahreszeiten und dem was die Natur dem Menschen an Obst und Gemüse gab. Was natürlicherweise im Sommer weitaus einfach und abwechslungsreicher war als im Winter.
Die Lagermöglichkeiten waren nicht so perfekt wie heute. Kartoffeln wurden eingekellert. Man rechnete pro Person mit eineinhalb Zentnern. Die Kartoffeln wurden in Jutesäcken transportiert und vom Bauern in die Kartoffelkiste geschüttet.
Möhren und Rüben kamen in Erdmieten
Knollen und Wurzelgemüse wie Möhren, Rettich, Rote bete Petersilienwurzel oder Sellerie eignen sich bestens zum Einlagern, zum Beispiel in einer sogenannten Erdmiete.
Auf dem Land gab es die Hausschlachtung im Herbst. Das alles musste dann über den Winter reichen.
Als Alternative zum Apfelmus wurden Äpfel frühzeitig geerntet und knapp reif eingelagert. Nur wenige Apfelsorten wurden auf Regalen liegend über den Winter gebracht. Die Äpfel mussten mit Stielen und ohne Druckstellen sein. Vor allem Roter Berlepsch, Cox-Orange und Roter Boskoop waren dazu geeignet. Es waren knappe Zeiten. Die älteren Menschen erinnern sich an ihre Kinderzeit. Zu Weihnachten gab es für alle einen „Teller Lecker“ mit Äpfel und Nüssen und Spekulatius als Gebäck. Der Duft von Weihnachten hielt sich lange im Haus.
Zu dieser Zeit gab es keine exotischen Einfuhren, man lebte von dem, was die heimische Natur den Menschen gab.
Was in der heutigen Zeit auf den Dörfern fehlt, sind Lebensmittelläden, Bäcker und Metzger, also traditionelle Geschäfte. Man muss zu den Großmärkten fahren. Das ist für ältere Menschen ein großes Problem und die fehlende Kommunikation auf den Dörfern mindert den Zusammenhalt. Foto: W. Marx