Jüdisches Leben in Wickrath

... die Stolpersteine sind ein mahnender Hinweis.

Wickrath zur Zeit des Nationalsozialismus

Im Jahr 1934 wurden Wanlo und Wetschewell eingemeindet.

1936 gingen die NS-Behörden gegen den Eigentümer der Wickrather Lederfabrik wegen Devisenvergehen und versuchter Steuerhinterziehung vor, aufgrund des wachsenden Drucks verließ die Familie Spier Deutschland.

In der von den Nationalsozialisten inszenierten Reichsprogromnacht wurde die Synagoge in Wickrathberg völlig zerstört. Alle jüdischen Geschäfte in Wickrath wurden durch den Mob zertrümmert. Auch in Wohnungen jüdischer Einwohner drangen in Zivil gekleidete SA-Leute ein und verwüsteten diese. 50 jüdische Männer wurden in Gladbach, Rheydt und Wickrath verhaftet. Ab 1939 wurden die noch in Wickrath und Wickrathberg lebenden jüdischen Familien in sogenannten Judenhäusern konzentriert. Von hier aus wurden die letzten 40 betroffenen Personen deportiert. (Wikipedia)

Hilde Sherman, geborene Hilde Zander, geb. 22. März 1923 in Wanlo, verstorben am 11. März 2011 in Jerusalem, war eine deutsch-kolumbianische Jüdin, die nach der Deportation in das Ghetto Riga als einziges Mitglied ihrer Familie den Holocaust überlebte. 1945 emigrierte sie nach Kolumbien.

In den 70er Jahren kam Hilde Sherman zweimal nach Deutschland, um in Hamburg als Zeugin in Strafprozessen auszusagen, hierbei besuchte sie auch Mönchengladbach. 1982 veröffentlichte sie ihr Buch in Kolumbien. Die deutsche Version Zwischen Tag und Dunkel, Mädchenjahre im Ghetto, erschien 1984 im Ullstein Verlag. Angeregt durch das Buch nahmen Bürger aus Mönchengladbach Kontakt zu Hilde Sherman auf.

Am 4. September 2009 wurden vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie in Wickrathberg, Berger Dorfstraße 27, vier Stolpersteine für ihre Eltern und Geschwister verlegt. (Wikipedia)

Der Künstler Gunter Demnig erinnert auch in unserer Stadt an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einsetzt. Seit dem 27. Januar 2006 - dem Gedenktag für die Opfer des Holocaust - wurden in Mönchengladbach bisher 317 Stolpersteine an 98 Stellen für Menschen verlegt, die von den Nazis verhaftet, deportiert und in den meisten Fällen ermordet wurden. Dies wurde durch die Unterstützung zahlreicher Paten möglich. (Stadtarchiv)

Der Jüdische Friedhof in Wickrath
Der Jüdische Friedhof in Wickrath 
Der Friedhof wurde 1847 angelegt. Er wurde unter Nr. R 086 am 18. 08. 1994 in die Denkmalliste der Stadt Mönchengladbach eingetragen.
 
Der jüdische Friedhof ist von der Rossweide aus zu erreichen und liegt außerhalb des alten Ortskerns von Wickrath. Die etwa 3000 Quadratmeter große und von einer Backsteinmauer umgebene Friedhofsanlage ist nur über einen schmalen, etwa 100 Meter langen Zugangsweg von der Rossweide aus (zwischen den Häusern 17 und 21 hindurch) zu erreichen. 
Die etwa bis zur Jahrhundertwende errichteten Denkmäler folgen in etwa einheitlichen, tradierten Stilmerkmalen und zeichnen sich durch ihre Schlichtheit aus, die auf die Gleichheit aller Menschen im Tod verweist. Die Grabsteine sind vorwiegend aus Blaustein oder einem hellbraunen Sandstein gehauen. Die Inschrifttafeln, z.T. aus einem anderen Material (z.B. Marmor) in die Grabsteine vertieft eingelassen, tragen bis zur Mitte des 19. Jh. auf der Vorderseite hebräisch-deutsche und auf der Rückseite deutsche oder hebräisch-deutsche Inschriften. 
Bei den nach dem Zweiten Weltkrieg aufgestellten Denkmälern handelt es sich dagegen meist um einfache, schräg aufgestellte Platten mit Inschrift. 
Am Eingangsbereich findet man diesen Stein zum Gedenken an die jüdischen Mitbewohner aus Wickrath
Am Eingangsbereich findet man diesen Stein zum Gedenken an die jüdischen Mitbewohner aus Wickrath

Stolpersteine ernten Widerspruch aus jüdischen Gemeinden

Obwohl ständig neue Stolpersteine hinzukommen, ist das Projekt nicht unumstritten. Die wohl stärkste Wirkung entfaltete der Widerspruch von Charlotte Knobloch, ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die Verlegung der Pflastersteine sei eine Missachtung der Opfer, sagte Knobloch: "Damit wird das Andenken von Menschen, die Verfolgung und Entwürdigung erleben mussten, bevor sie auf schreckliche Weise ermordet wurden, nochmals entwürdigt und sprichwörtlich mit Füßen getreten." Auch die Jüdische Gemeinde in Göttingen hatte das Projekt im Jahr 2015 kritisiert. Quelle: NDR

Quadtstrasse 34, hier wohnten die Schwestern Markus. Clara Markus wurde am 13.03.1864 als Tochter von Joseph Salomon (1835–1904) und Jeanette Markus, geb. Strauss (1836–1897) in Wickrath geboren. Sie war ledig und hatte zwei Schwestern, Berta und Rosalie, die ebenfalls ledig waren. Clara wurde am 25.07.1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 17.09.1942 verstarb. Die beiden Schwestern starben vor ihr am 17.08.1942, ebenfalls in Theresienstadt. 

Bernhardine Simons wurde am 20.04.1863 als Tochter des Ehepaares Joseph Simons und Rosetta Goldstein in Wickrath geboren. Sie war ledig und lebte gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Dora, die ebenfalls ledig war, zusammen im Elternhaus Kirchtreppe 2. Am 25.07.1942 wurde sie nach Theresienstadt ins Ghetto transportiert, als Todestag wird der 31.12.1942 angegeben. 
 
Dora Simons wurde ebenfalls am 25 .07.1942 nach Theresienstadt deportiert und später nach Treblinka, wo sie ermordet wurde, Todestag unbekannt.

 

Hier wohnten Louis Spier mit seiner Familie
Hier wohnten Louis Spier mit seiner Familie
Trompeteralle 22, hier wohnte das Ehepaar Louis und Flora Regine Spier geb. Lyon, geb. am 19.02.1882 in St. Johann an der Saar. Louis Spier, geb. am 09.11.1873, war der Sohn des Wickrather Lederfabrikanten Zacharias Spier. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, Franz Robert, Gertrud und Margarethe. Die Familie emigrierte im Juli 1937 nach Amsterdam, es folgte im Jahr 1944 eine Internierung in Westerbork. Flora und ihr Ehemann wurden am 26 .02.1944 nach Theresienstadt und am 28.10.1944 weiter nach Auschwitz deportiert, wo beide ermordet wurden. 
 
Trompeteralle 22, Franz Robert Spier wurde am 07.07.1913 als Sohn des Ehepaares Louis Spier und seiner Ehefrau Flora Regine Lyon in Düsseldorf geboren. Nach einer „Schutzhaft“ wegen (vermutlicher) Steuerhinterziehung emigrierte Franz Robert mit der Familie im Jahr 1937 nach Amsterdam. Nach einer Internierung im Jahr 1942 in Westerbork wurde er nach Auschwitz deportiert und dort ermordet (Todesdatum 17.08.1942). Das Schicksal seiner Frau Tieneke und seiner beiden Söhne ist nicht geklärt. 
 
Eine Ausstellung des Wickrather Geschichtskreises im Dezember 2016 hat einiges ins Rollen gebracht“, begeistert sich Klaus Krüner, der gemeinsam mit Ehefrau Ulrike seit geraumer Zeit nach Spuren der bedeutenden Wickrather Lederfamilie sucht. Die Aktivitäten der Krüners’ sprachen sich bei den Spiers’ herum. „Familienangehörige aus Frankreich, den USA, Kanada und den Niederlanden meldeten sich, von denen wir vorher gar nichts gewusst haben“, berichtet Ulrike Krüner. Am Wochenende bekamen sie Besuch von Louis Spiers’ Ur-Enkelin Heidi und ihrer Mutter Ruth aus Amerika. Heidis Großeltern Margret Lichtenstern, geborene Spier, Heinz Spier und ihre Mutter Ruth als junges Mädchen, waren in der Nazi-Zeit in die Niederlande emigriert und überlebten die Konzentrationslager Westerbork und Theresienstadt. 
 
Gedenktafel Familie Spier
 
Das was übrig bleibt, nur eine Gedenktafel! 
 
Kein Verwandter und kein Freund lebt heute noch und hat einen Menschen gekannt oder geliebt, der unter uns gelebt hat. Die Erinnerung findet man nur noch in Büchern und Dokumentationen und erst dabei kommen viele ins Stolpern. 
Was diese Menschen erlitten haben, kann man nur erahnen. Sie sind nicht wie jeder andere Mensch in Würde gestorben, sie sind auf grausame Weise gequält, gefoltert und am Ende weggeworfen worden.
 
Alle Erinnerungsdaten an die jüdischen Menschen in Wickrath sind der Stolperscheinliste von Wikipedia entnommen.
 
Text und Fotos: Werner Marx