Die Orgel der Wickrather Basilika
Die Orgel der Wickrather Basilika und die Bälgetreter
Eine Orgel (von altgriechisch ὄργανον órganon „Werkzeug“, „Instrument“, „Organ“) ist ein über Tasten spielbares Musikinstrument. Sie gehört zu den Aerophonen. Zur Abgrenzung gegenüber elektronischen Orgeln, wird sie auch Pfeifenorgel genannt. Was den meisten nicht bekannt ist, die alte Orgel in der Wickrather Basilika, wurde durch Blasebälge betrieben. Es kamen also Kalkanten, Bälgetreter. zum Einsatz, die durch das Bedienen von Blasebälgen die Luftversorgung eines Orgelinstruments sicherstellten. Einen Jugendlichen in dieser Tätigkeit nannte man bisweilen Orgelbub, und wenn die Bälge gezogen statt getreten wurden, bezeichnete man den Kalkanten mitunter als Orgelzieher oder Orgelmelker. Bei Positiven oder Regalen lassen sich die Bälge von einer Person per Hand bedienen, selten vom Spieler selbst. Große Orgeln benötigten zehn oder mehr Bälgetreter, die mit Händen, Füßen und ihrem ganzen Körpergewicht diesen Dienst verrichten. (Wikipedia) |
Das die Orgel in Wickrath auf diese Weise betrieben wurde, habe ich erst von Peter Plümäkers erfahren, dessen Mutter, Katharina, geb. Winges, als Kind im Hause der Familie Wimmers wohnte und in der Kirche den Blasebalg getreten hat. Schon damals scheute man sich nicht, auch Mädchen für diese Aufgabe einzusetzen. Katharina Plümäkers, genannt Käthe, war lange Zeit die Sekretärin des Gemeindedirektors Wolfgang Krane und hat einige Publikationen herausgebracht.
Geschichte aus dem Alten Wickrath
Ein Kugelblitz traf die Kirche
Er war klein mit schneeweißem, dichtem Haar. Er trug immer noch seine Gärtnerkleidung, obgleich er schon lange im Rentenalter war: gestreifte Jacke, dunkelgrüne Latzschürze. Des Sonntags sah er sehr vornehm aus mit seinem langen, schwarzen Mantel. Unter dem Bibi schaute sein weißes Haar hervor. So ging er auch zur Kirche morgens und auch meist nachmittags. So hielt er es immer, auch früher als er noch jünger war. So kam es, dass er auch in der Kirche war, als dort vor etwa 100 Jahren ein Blitz einschlug. Nach seinen Erzählungen muss das an einem Sonntag Nachmittag gewesen sein. Die Kirche war brechend voll, wie das früher meist war. Mein Großvater saß auf der Orgelbühne, als der Kugelblitz die Kirche traf. Er streifte die Beine meines Großvaters und verbrannte sie so stark, das er sechs Wochen damit gelegen hat. Unter ihm in der Kirche wurde eine Frau erschlagen. Der Blitz raste durch die Mitte der Kirche und zerstörte die Gruft der Grafen von Wickrath unter dem Altar. Die Menschen in der Kirche waren in Panik geraten und hätten sich die Kleider vom Leib gerissen, so erzählte mein Großvater. Die Orgelbühne habe ich aus meiner Kinderzeit noch gut in Erinnerung. Elsbeth Wimmers, die Tochter des damaligen Küsters, suchte vor etwa 70 Jahren immer jemand, der ihr den Balg trat, denn sie musste auf der Kirchenorgel üben. | Viele Male bin ich mit gegangen, um den Blasebalg zu treten, da die Orgel zur damaligen Zeit noch nicht elektrisch betrieben wurde. Ich musste also die eiserne Wendeltreppe zur Orgelbühne hinauf und dann in den uralten Raum hinter der Orgel. Es war ein wenig unheimlich dort und es roch muffig und modrig. Die blinden Scheiben eins halbrunden Fensters brachten ein wenig Licht. Hinter ihnen konnte man den Friedhof ahnen. Der Blasebalg war, wenn er aufgeblasen war, wie ein großes Kissen. Aber dazu musste man sich ganz schön anstrengen. Das Trittbrett hing zwischen zwei Balken und sah aus wie ein Tretroller. Die beidseitigen Balken waren zum aufstützen da. Fiel der Blasebalg zusammen, quietschte er ein wenig und man musste wieder treten. Wie viele schon den Blasebalg getreten hatten, konnte man an den unzähligen Namen sehen, die sich ringsherum an den Wänden verewigt hatten. Irgend woher hatte ich für meine Zwillinge Wolle ergattert und sie sahen allerliebst aus in ihren selbstgestrickten Anzügelchen. Sie waren drei Jahre alt. Daher fiel es umso mehr auf, wie sich meine Buben aufgeführt haben. Sie störten den Gottesdienst so sehr, dass ich enttäuscht und schnell die Kirche verließ. Kurz darauf wurden wir evakuiert. Als wir zurück kamen, sahen wir von unserer schönen alten Kirche nur noch einen großen Schutthaufen. (Erzählt von Käthe Plümäkers) |
Bis 1934 war Heinrich Wimmers Organist und Küster in der Pfarrkirche zu Wickrath. Er war auch Chorleiter des Kirchenchores. Seiner Tochter Elisabeth hatte er das Orgelspielen gelehrt. Das kam in der Praxis gut zum Einsatz. Dirigierte er den Chor, spielte seine Tochter die Orgel.
Links Heinrich Wimmers mit Gattin, Heinrich Wimmers, geboren am 26. Dezember 1869 in Altmyhl. Nachdem seine erste Fau gestorben war, heiratete er am 24. Januar 1911 Elisabeth Coenen. Sie bekamen die Tochter Elisabeth.
Elisabeth Pruß war lange Zeit als Kindergärtnerin tätig und wurde liebevoll von allen Tante Elsbeth genannt. Gisela Pruß ist stark als Ehrenamtlerin in der katholischen Pfarre tätig und schreibt regelmäßig ihren Beitrag im Pfarrbrief St. Matthias Wickrath.
Was wenigen bekannt sein dürfte: das Haus links neben dem Torbogen war ebenfalls ein Teil des Kreuzherrenkomplexes und beherbergte das Vikariat, das von der katholischen Pfarrkirche genutzt wurde. 1906 erwarb Heinrich Wimmers das Gebäude. Zum Eigentum gehörte hinter dem rechten Flügel des Kreuzherrentrakts ein Garten, wo heute eine Garage steht. Entlang der Rückseite des Klosters gab es einen Pfad mit Wegerecht und einem „Jaadepötzke“ (kleines Gartentor). Hier entlang liefen die Kinder aus dem Dorf - Wohin? Zu „Tante Elsbeth“ in den Kindergarten, der sich auf dem Gelände des heutigen Altenheims befand.
Der Organist nach Heinrich Wimmers war unter anderem Peter Raderschall, der wie hier auf dem Bild zu sehen, ein kleines Bäuchlein trug. Er hatte einen guten Ruf als Orgelspieler und Chorleiter und ist einigen alten Wickrathern auch heute noch bekannt. |
Organist und Chorleiter Heinz Dickmeiß mit dem Kirchenchor „Cäcilia“ Wickrath bei einem Ausflug am 12. Juni 1959 an den Rhein.
Heinz Dickmeiß gab privat Klavierunterricht. Meine Frau Brigitte und auch ihr Bruder Adolf wurden bei Heinz Dickmeiß ausgebildet. Adolf Kieven lernte außerdem bei ihm das Orgelspiel und spielte lange die Orgel in St. Antonius Wickrath. Außerdem rief manchmal der Pfarrer vom „Dom“ in Immerath an und bat meinen Schwager in der Messe die Orgel zu spielen. Da er noch keinen Führerschein hatte, fuhr ihn sein Vater Anton Kieven nach Immerath. Für einen kleinen Obolus und die Ehre Gottes spielte er, aber auch um noch Spielpraxis zu bekommen.
Persönlich kenne ich Heinz Dickmeiß, weil er manchmal nach der letzten Messe zu uns kam, angeblich, um das Klavier zu stimmen. Eigentlich spielte er zur Freude meines Schwiegervaters, Anton Kieven, den Zarewitsch aus der Operette von Franz Lehár. Er hatte eine schöne Tenorstimme und ich wurde akzeptiert, weil ich zu seiner Freude in gleicher Tonlage mitsang.
Historische Bilder: Heinz-Peter Wilms, Gisela Pruß
Ausflug Kirchenchor: B. Marx, Farbfotos: W.Marx