Der Lohgerber

Zunftwappen des Gerbers
Zunftwappen des Gerbers
Bild: chris 論, CC BY 3.0
Der Lohgerber

Im Mittelalter war Leder ein bevorzugtes Material. In Europa entstanden Lederwerkstätten bei Klöstern und in Städten. Die Gerbereien arbeiteten auf ausgedehnten Arealen. Die Betreiber mussten sich in den Städten in eigene Viertel zurückziehen. Die Herstellung von Leder war ein schmutziges und buchstäblich anrüchiges Gewerbe, daher war die Gerberei eine gesellschaftlich nicht sehr anerkannte und gefährliche Arbeit.

Die Gerber (auch Lohgerber, Löher, Loher) gehörten zu den unreinen Handwerken. In manchen Städten erinnern Straßen wie Gerberstraße, Löhergasse oder Lohgerberstraße an dieses alte Handwerk. Das Zunftwesen regelte den Markt und auch das Handwerk. Ein technischer Fortschritt war dadurch nur schwer möglich und erfolgte, wenn überhaupt, durch den Einfluss fremder Kulturen. 

Lohgerber Von A. Gabler /J. R. Voit - Collection Kuhn, Gemeinfrei
Bild: Von A. Gabler /J. R. Voit -
Collection Kuhn, Gemeinfrei

Nachdem der Loh- oder Rotgerber die Fleischreste und Fette auf dem Schabebaum vom Balg entfernt hatte, erfolgte das sogenannte Äschern mit gebranntem Kalk in der Äschergrube, wodurch sich die Haare vom Balg lösen und in einem zweiten Schabegang entfernt werden konnten. Anschließend wurden die sogenannten grünen Häute samt einer Lohe aus Eichen- oder Fichtenrinde und Galläpfeln zur Gerbung in eine Lohgrube verbracht. Die klassische Gerbung in Lohgruben konnte zwischen einem halben und drei Jahren dauern, je nach Ausgangsmaterial und gewünschter Qualität.

Ab etwa 1700 beschäftigte man sich wissenschaftlich mit der Gerberei. War bisher die Herstellung von brauchbarem Leder das wesentliche Problem, forschte man nun stärker nach Verfahren zur Beschleunigung und Rationalisierung des Gerbens. Es wurden neue Gerbmethoden entwickelt. 1803 erschien die erste Zeitschrift über das Gerben. Foto Wikipedia (Von A. Gabler /J. R. Voit - Collection Kuhn, Gemeinfrei)

Gallapfel
Bild: Bernhard Uff dem Sand, CC BY-SA 4.0 

Der rundliche Gallapfel, auch Eichengalle, Eichapfel, aber auch Blattgalle genannt, ist eine meist gerbstoffhaltige Pflanzengalle, eine Wucherung, die als Abwehrhaltung im Herbst an der Unterseite von Eichenblättern entsteht.
Der hohe Gerbstoffgehalt macht die Gallen zu einer geeigneten Quelle für die Gewinnung von Gallussäure, die auch heute noch zum Gerben von Leder verwendet wird. 

 

Waldhusche - trocknende Lohrinde
Bild: Norbert Kaiser, CC BY-SA 3.0 DE

Als Gerberlohe bezeichnet man die vom Baum getrennte, fein gemahlene Rinde, vorwiegend , Eichenrinde, seltener Fichtenrinde – in der sich der Gerbstoff Tannin befindet. Dabei werden für einen Zentner Leder vier bis fünf Zentner Lohe benötigt, für kräftiges Sohlenleder sogar acht Zentner. Daher musste die Gerberei einen reichen Holzbestand vorhalten. Beliefert wurden die Lohgerber von den Löhern, die im Mai, wenn der Saft in die Bäume steigt, die Rinden in oft speziell angelegten Eichenwäldchen, auch Lohwald genannt, schälten, bevor diese gefällt wurden.

Mit aufkommender Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde der langwierige Prozess der Grubengerbung durch die Schnell- oder Fassgerbung mit Lohbrühe, später der Chromgerbung in Bottichen abgelöst: der zünftige Berufsstand des Lohgerbers wurde vom industriellen Lederarbeiter abgelöst. Textquelle und Fotos Wikipedia

Lederfabrik Wickrath - gegründet im Jahre 1870 von Zacharias Spier
Lederfabrik Wickrath - gegründet im Jahre 1870 von Zacharias Spier

Das Areal der Wickrather Lederwerke hatte in ihrer Glanzzeit ein Ausmaß von 20 Hektar. Die Fabrikgebäude standen zu beiden Seiten der Wickrathberger Straße und waren durch eine Hochbrücke verbunden. 
Hinter dem Wohnhaus war der Hofraum mit den Gruben. Die mitten durch das Werksgelände fließende Niers lieferte das geforderte Wasser, die wichtigste Voraussetzung für die Lederherstellung. Aus den Wäldern des Sauerlandes und aus der Eifel bezog man die Eichen- und Fichtenrinde. Man arbeitete nach dem sogenannten rheinischen System der Grubengerbung für die Gewinnung der Lohe. Diese Gerbmethode lieferte ein hervorragendes Leder.

1969 gab es einen großen Brand in der Lederfabrik. Danach riss man die Gebäude auf der Nordseite der Wickrathberger Straße ab. Heute ist nur das Hauptgebäude der Lederwerke erhalten. Es steht seit dem 17. September 1991 in der Denkmalliste der Stadt Mönchengladbach.

Das Foto in der Wasserwerkstatt zeigt die mühsame Arbeit vom Reinigen und schaben der Häute. Durch das Entfleischen und schaben wird das noch anhaftende Unterhautbindegewebe und das Muskelgewebe samt noch eingebetteten Blutadern von den Häuten entfernt. Daneben sieht man die Weiterverarbeitung durch das Spalten von Rinderhäuten. Fotos aus 100 Jahre Wickrather Leder 

Die Schlossmühle war ursprünglich eine Kornmühle, später Ölmühle. 1363 wird sie erstmals erwähnt. Lange Jahre gehörte sie zum Besitz des Grafen von Quadt. Im Jahre 1860 erwarb Zacharias Spier die Mühle, um für seine Gerberei Lohe zu mahlen. Foto Wilhelm Kuhlen
Auf dem nebenstehenden Holzstich von H. Groner sieht man die Lohmühle als Idylle unter dem Titel Malerwinkel um 1935. Abb. HuVV Wickrath

Der Lohgerber lockt den Besucher in den Schlosspark.
Der Lohgerber lockt den
Besucher in den Schlosspark.

Parallel zur Euroga 2002 wurde vom Niersverband das Projekt „Re-Naturierung der Niers“durchgeführt. Das Niersbett wurde in Wickrathberg ab der stillgelegten Kläranlage ins Karotte-Bett verlegt. Bis zur Fischzucht Peschkes wurde die Niers kanalisiert. Der Platanen-Weg zwischen der Tankstelle Barten und dem Gelände der Wickrather Lederfabrik Spier wurde zum neuen Flussbett ausgearbeitet. Die Niers läuft jetzt unter der neu erbauten Brücke in den Schlosspark. Ein Teil des Teichs der Halbinsel wurde dafür aufwendig abgeteilt.


Der Künstler Enrico George hebt mit der Skulptur des Gerbers und der am gegenüberliegenden Ufer stehenden Wasserträgerin, die Niers und deren Wasser als Voraussetzung für die Lohgerberei in Wickrath hervor.

Niederrheinisches Freilichtmuseum

Hier wird der Übergang der Gerberei vom Handwerk zur industriellen Fertigung mit den Maschinen und Gerätschaften aus den 1960er-Jahren gezeigt. Die komplette Anlage stammt von der Gerberei Bremer aus Moers.