Einzelhandel ...
Das Verschwinden des klassischen Einzelhandels in den Dörfern
1937 - Reine Handarbeit – Kneten des Brotteigs, heute durch den Automaten ersetzt!
Tante-Emma-Laden,
regional auch Krämer ist eine in der Nachkriegszeit verwendete Bezeichnung für ein kleines Einzelhandelsgeschäft, das Lebensmittel und andere Artikel des täglichen Bedarfs anbietet. Bezeichnend ist, dass der Laden oft so klein ist, dass nur eine Person, meistens die Ladenbesitzerin die namensgebende „Tante Emma“ ist.
Meistens war sie auch Eigentümerin des Hauses und wohnte dort mit ihrer Familie. In der Zeit, wo nicht viel Kundenbetrieb zu erwarten war, arbeitete sie im Haus und kochte auch für die Familie. Diese Arbeit wurde unterbrochen, wenn die Klingel im Laden läutete. Sie hatte nicht die Zeit die Küchenschürze auszuziehen. Für die Kunden war das ein gewohnter Anblick. Einen Moment für einen kurzen Vertell (Gespräch) wurde auch noch geopfert. Das war schon damals „Multi tasking“ und heute so nicht mehr vorstellbar. Eine schwere Last für die Frauen, die gleichzeitig die Hauptlast der Kindererziehung leisteten. Da darf man heute fragen, wie haben die Frauen das damals geschafft!
Überwiegend als Anbieter von Backwaren und anderen Lebensmitteln bzw. Kolonialwaren (eine alte Bezeichnung), aber auch anderen Produkten für den täglichen Bedarf, sorgten die Läden für die lokale Warenversorgung der Bevölkerung. Die persönlicher Kundenbindung war ein wesentlicher Aspekt und noch länger nach dem Krieg war unter anderem der Einkauf „auf Anschreiben“ geduldet.
Mit dem gesetzlichen Verbot der Preisbindung ab 1974 und dem Siegeszug der Discounter, war der Niedergang dieser Verkaufskultur endgültig besiegelt. Die Selbstbedienung in den Supermärkten und Einkaufszentren tat ein übriges.
Seit den 1980er Jahren werden die klassischen Tante-Emma-Läden in Deutschland von Lebensmittelläden abgelöst, die von Immigranten betrieben werden. Einwanderer aus der Türkei führen kleine familiäre Läden. Sie werden mit einem Augenzwinkern „Onkel-Mehmet-Läden“ genannt.
Läden in Wickrath nach dem Wiederaufbau des Ortskerns – die 1960er Jahre!
Apotheken:
Vor dem Krieg gab es nur die Löwen-Apotheke Schwarz auf der Trompeterallee (Bismarckallee). Auf dem Türbalken ist die Inschrift noch zu sehen.
Nach dem Krieg gab es dann eine zweite, die Linden-Apotheke. Eugen Holz kam mit seiner Frau Inge im Jahre 1958 aus Chemnitz nach Wickrath. Er zog in das Haus Hauptstraße 14, heute Modeladen „Mademoiselle“. Danach der Umzug in sein eigenes neues Wohn- und Geschäftshaus auf der Quadtstraße 20. Heute in der dritten Generation geführt durch Dr. Alexander Holz.
In ihrer Anfangszeit in Wickrath, Frank Holz mit seinen Eltern Eugen und Inge Holz. Rechts Eugen Holz in seiner Mixtur-Küche.
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Dr. Alexander Holz
Als dritte Apotheke gibt es die Kreuzherren-Apotheke in der Trompeterallee. Die vierte Apotheke hatte nur eine kurze Lebenszeit.
Bäckereien:
Bäcker Hermann Boos, genannt der „Schimmel“ - Hans Krappen - Paul-Ernst Krings, mit einer Filiale auf der Rheindahlener Straße, dazu der Bäcker Josef Souren aus Rheydt, im Verkauf Maria Souren, „darf et noch wat mehr sein!“ Ein Wickrather Original.
Einzig die Bäckerei Axel Bähren, früher Schippers, Op de Fleet, hat den Krieg überstanden und wird heute noch weiter geführt. Auch diesmal, wie in den Vorjahren fertigte die Bäckerei 3000 Weckmänner, gesponsert von der Fa. Schaffrath. Die Weckmänner wurden einzeln eingetütet und an die St.-Mattins-Züge in Mönchengladbach verteilt. Eine tolle Leistung für eine kleine Bäckerei!
Die Familien geführte Bäckerei Gillrath mit Kaffeebetrieb, stellte am 31. Oktober 2023 ihren Betrieb ein! Der Stammbetrieb mit Verkauf in Venrath wird weitergeführt.
Drogerien:
Zweimal auf der Quadtstraße zu finden, die Drogerie Schacht und die Drogerie Kohlleppel. Sie wurde vom Ehepaar Müller geführt. Beide waren von kleiner Statur und stets in weißen Arbeitskitteln gekleidet. Herr Müller hatte einen watschelnden Gang und wurde daher im Dorf der „Pinguin“ genannt!
Druckerei:
Heinrich Binsfeld, auch „Gutenberg“ genannt. Man wollte mit dieser Bezeichnung seine Kompetenz ausdrücken. In seinem Geschäft führte er zudem Schreibwaren und Büromaterial. Heute befindet sich dort HARISH KIOSK, Quadtstraße 32. Das Haus rechts war eine Futtermittel Handlung. Heute ein Neubau, darin der Geschäftsraum von „Mundwerk“. Foto unbenannt
Eis-Cafe:
Kurz nach dem Krieg gab es noch den Eisverkauf Volk am Bahnhofsplatz. Herr Volk trug eine Holzkiepe auf dem Rücken, im unterem Bereich befand sich eine zerstoßenes Eisstange, darüber ein Behälter mit dem Speiseeis. Mit einem langen Löffel servierte er das Eis, ohne den Rucksack abzunehmen. Die Kinder auf der Straße nannten ihn „die „Üll“.
Am Lindenplatz 1, gibt es seit den 1960er Jahren das Eis-Cafe Brustolon. Während der Saison gingen die beiden Kinder des Ehepaares Brustolon in Wickrath zur Schule. Im Spätherbst reiste die Familie in das heimatliche Italien. Vor dem Krieg befand sich an dieser Stelle das Geschäft des Metzgers Josef Biergans.
Elektrikerbetriebe:
Heinz Dressen, Schillingstaler Weg – Richard Jörg, OP de Fleet
Friseursalons:
Im schmalsten Haus auf der oberen Quadtstraße befand sich früher das Geschäft von Marlene Knorr, ein Geschäft für Wolle und Nähutensilien. Der Friseur Felgenträger baute dort ein neues Haus und seine Tochter führt heute einen Friseursalon.
Zu Beginn meiner Lehrzeit gab es die 48-Stunden-Woche, sie betrug acht Stunden am Tag und auch am Samstag wurde gearbeitet. Erst viel später, zur Zeit des Prager Frühlings von 1968, wurde die Samstagsarbeit de facto abgeschafft. Man ging zu der Zeit am Samstag Nachmittag zum Friseur. Die Männer saßen geduldig im Friseursalon und erzählten aus ihrem Alltag. Deshalb konnte man davon ausgehen, dass diese Gespräche im Ort weiter getragen wurden. Das war der so genannte „ Dorftratsch“!
Heute ist es in, Namen außerhalb der deutschen Sprache zu verwenden. Barbershop - Final Cut – hairstyle -Talking Head.
Gastronomie:
In der Quadtstraße gab es lange Zeit den Lindenhof. Der Besitzer des Gasthofes war bekannt unter dem Namen „Severins Büll“. Die Umfrage des Geschichtskreise brachte keine Erklärung, weshalb der Gastwirt diesen Spitznamen trug.
Lange Zeit hatte Wickrath das Hotel Frambach mit einer hervorragenden Gastronomie und großen Gesellschaftsräumen. Viele Vereine hatten dort eine Heimat. Karneval, Schützenfeste und andere Feierlichkeiten fanden dort statt. 2019 wurde das Hotel an einen Investor verkauft und wurde kurz danach nicht mehr betrieben. Solche Räumlichkeiten fehlen heute in Wickrath schmerzlich. Keiner weis, was aus dem Komplex Frambach werden soll.
Haushaltwaren und Handwerkszubehör
Pechtheyden, auf der unteren Haupt-/Quadtstraße wurde von Herrn Gehring weitergeführt. Später baute die Familie Gehring auf der oberen Quadtstraße ein Wohn- und Geschäftshaus. Anstelle des früheren Geschäftes Pechtheyden etablierte sich ein Laden für feine Kost, der sehr gut in Wickrath ankam. Leider musste das Geschäft krankheitsbedingt schließen. Heute gibt es dort den Laden „Hippie Dogs“.
Lebensmittel:
Mit den Läden Eckert – Kiggen – Wefers - „Kaisers Kaffee“ und davor auch „Consum“, konnten die Wickrather Bürger auf kurzen Wegen ausreichend versorgt werden.
Der„Consum“, mit Inschrift auf der Hauswand, heute Ökumenischer Gemeindeladen.
Kino:
Elma Kino auf der Poststraße und Ansicht des Vorführraums.
Nach der Schließung des Kinos wurde der Zuschauerraum umgebaut und ein Tanzkaffee betrieben. Die Abendveranstaltung hatte großen Zulauf. Als auch diese Zeit vorbei war, begannen Umbauarbeiten, die sichtlich noch nicht beendet sind. Fotos. Jürgen Lammertz
Lederwaren:
Neben der Metzgerei von Leo Dörges hatte seine Schwester Fine (Finchen), ein Geschäft für feine Lederwaren dazu auch Tabakwaren. Der Zeitzeuge Josef Hauser berichtet, dass er bei der Aufgabe des Geschäftes, dem „Finchen“, für seinen Eigenverbrauch, den ganzen Vorrat der Zigarrensorte „Fehlfarben“ abgekauft hat.
Lotto, Tabak und Schreibwaren:
Lotto „6 aus 49“ begann am 9. Okt. 1955 in NRW
In Wickrath waren das die Geschäfte Zigarren Puller und Schreibwaren Anton Kieven. Um ein Lottogeschäft zu führen, gab es scharfe Vorgaben. Man sollte nach Möglichkeit eine einheitliche Ladeneinrichtung haben und dazu Tabakwaren und Zeitschriften führen. Lebensmittel zu verkaufen war nicht erlaubt. Damals mussten nach der Registrierung, die Lottoscheine händisch und mit Augenschein überprüft und nach Sorten und Einsatz abgelegt und gebündelt werden. Danach mussten sie persönlich nach Rheydt zu Sammelstelle gebracht werden. Was man sich heute nicht vorstellen kann, die Provision wurde selbst ausgerechnet. Das geschah durch Kopfrechnen, da eine elektronische Rechenmaschine nicht erschwinglich war.
Ein berühmter „Lottobuden-Besitzer“ war der Fußballweltmeister von 1974, Georg „Katsche“ Schwarzenbeck. Man war damals der Meinung, wer einen Lottoladen hatte, wäre ein gemachter Mann. Mit der von der Lottogesellschaft gezahlten Provision, musste man erst einmal auskommen.
Nach langem Zögern durfte man auch Reisen anbieten; dies unter dem Namen „Herti-Kaufhof-Glücks-Reisen“. Wer hier einen guten Umsatz machte, hatte ein gutes „Zubrot“! Lange Zeit durfte ein Lottogeschäft nicht schließen, um Urlaub zu machen!
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Das ist das AUS für die meisten traditionellen Lotto-Geschäfte!
Gegenüber der neu geschaffene Marktplatz. Foto: Uli Schröders
Der Entwurf für das IHEK Wickrath-Mitte wurde im Rahmen einer Hochschulkooperation von Studierenden der TU Dortmund in enger Abstimmung mit dem Fachbereich Stadtentwicklung und Planung entworfen und anschließend durch ein externes Planungsbüro qualifiziert. In dem Prozess wurde neben vielen Workshops, Konferenzen und weiteren Formaten auch eine Online-Beteiligung der Bürger durchgeführt. Eine Umsetzung der Pläne, auch dem Marktplatz ein neues Gesicht zu geben, wird laut Auskunft noch lange auf sich warten lassen!
Metzgereien:
Josef Biergans, heute Eis-Caffee Brustolon – Leo Dörges Ecke Quadtstraße/Hochstadenstraße
Hinter der Verkaufstheke die Ehefrau Hildegard Meuser, und in längst vergangener Zeit sieht man die Mutter des Metzgermeisters, Maria Meuser, im Einsatz. Die Metzgerei war bei den Kunden für ihre hervorragenden Fleisch- und Wurstwaren bekannt und beliebt.
Heute ist die Metzgerei Zorn die einzige in der Ortsmitte von Wickrath. Sie hat den Vorteil einer eigenen Wurstfabrik „Zorn GmbH & Co. KG., Schillingstaler Weg 1. Für den Neubau des Geschäftes am unteren Teil der Quadtstraße wurde das alte Fachwerkhaus des Friseurmeisters Helmut Horn abgerissen.
Möbelgeschäft:
Schmitz/Körfges führten auch Bestattungen durch, die später von Jürgen Wackerzapp übernommen wurden.
Optiker:
Heesen & Van der Varst auf der Quadtstraße - Optik Schmohl auf der Hochstadenstraße, früher Odenkirchener Straße. Es war einmal das Haus von Heinrich Werth, das von Optikermeister Peter Schmohl erworben wurde. Die vier breiten Fenster bilden eine hervorragende Ausstellungsfläche. Jetzt wurde die Hausfront nach heutigen Erkenntnissen, mit einem schönen Klinker gedämmt!
Schneider:
In diesem Änderungs-Atelier auf der Quadtstraße 42, gab es früher den Schneidermeister Küppers. Einen weiteren Schneider gab es mit Franz Pillen auf der Geldener Straße/Ecke Roßweide. An ihn erinnert mich, dass er mir den einzigen, vom Schneider angefertigten Anzug gemacht hat.
Die Schneider saßen beim Nähen auf dem am Werkstattfenster angeschlagenen Tisch, damit die bearbeiteten Stoffteile nicht auf den Fußboden hängen und die bei der Arbeit abfallenden Stoffteile nicht in den Staub fallen.
Tapeten und Farben:
Peter Eich, wurde durch Sohn Willi übernommen, der früh gestorben ist. Seine Schwester Tine führte das Ladengeschäft für Malerbedarf noch lange weiter. Sie war im Ort als stets freundliche und hilfsbereite Person bekannt.
Josef Jansen Hauptstraße, heute Qadtstraße 38, jetzt ein Geschäft mit Mode und Geschenkartikel. SW-Foto links, unbenannt.
Textilgeschäfte:
Fa. Baums in der Haupt-/Quadtstraße und auf der Odenkirchener/Hochstaden-Straße, die Fa. Diederichs.
Ehemaliges Geschäft des Textilhauses Diederichs. Dann vorübergehend Brautmoden. Heute wieder Damenmoden, Hochstadensraße 158, früher Odenkirchener Straße.
Schmuckgeschäfte:
Vor nicht allzu langer Zeit gab es noch Schmuck und Uhren Bathke auf der Quadtstraße. Direkt nach dem Krieg war das Uhrwarengeschäft Seemann auf der Odenkirchener Straße ansässig. Von einer Zeitzeugin erfuhr ich, dass Herr Seemann auf Kuckucks-Uhrem spezialisiert war, er verkaufte sie auch über Land. Er verpackte die Uhr in einen Rucksack und fuhr mit dem Fahrrad auf Verkaufstour. Wenn er auf unebener Straße unterwegs war, hüpfte die Uhr im Rucksack und zur Freude der Kinder hörten sie auch außerhalb seiner Jahreszeit, den Kuckuck rufen.
Schuhmacher und Schuhgeschäfte:
In der Quadtstraße gab es den Schuster Breuer und später auch im Hinterhaus eine Fahrrad-Reparatur. Bekannt war der Schuhmacher Anton Küppers, der 1968 der erste Schützenkönig in Wickrath nach dem Krieg war.
Ein Schuhmacher richtete in Wickrath vor nicht allzu langer in der Quadtstraße ein bestens ausgestatteten Laden ein. Das neu Besohlen von Lederschuhen kostete 26,00 Euro und mehr. Das wurde nicht angenommen und kurze Zeit später wurde das Geschäft aufgegeben.
Zahnarzt:
Anzeige gedruckt bei „Gutenberg“ Heinrich Binsfeld. Diese und andere Inserate wurden Klaus Krüner, Mitglied des Geschichtskreis, vom Sohn des Druckers zur Verfügung gestellt.
Farbfotos: Werner Marx