Als die Züge wieder fuhren ...
Nach der deutschen Kapitulation bezogen die Siegermächte ihre Besatzungszonen. Sofort begannen sie die zerstörten Eisenbahnverbindungen wieder befahrbar zu machen. Lokomotiven und Waggons wurden repariert und Fahrpläne wieder eingerichtet. | |
Foto: Wikipedia | Heute können sich die Menschen das Ausmaß der Kriegszerstörung Deutschlands in ihren gewaltigen Ausmaßen nur deshalb vorstellen, weil ihnen durch die täglichen Nachrichten die unmenschlichen Zerstörungen in der Ukraine und anderswo in der Welt zwangsläufig vor Augen geführt werden. |
Nachdem die ersten Eisenbahnen wieder rollten, brachen aus den Städten die Bewohner in überfüllten Zügen zu Hamsterfahrten aufs Land auf. Dort versuchten sie, die wenigen Wertsachen in Lebensmittel einzutauschen. Es gab eine unvorstellbare Hungersnot.
Neben Personenzügen für den Berufsverkehr in die Fabriken, rollten bald auch wieder Güterzüge mit lebenswichtigen Lebensmitteln, vor allem mit Kohle.
Die Kohle aus dem Ruhrgebiet war bei der Bevölkerung sehr begehrt. An Langsamfahrstellen und Blockstellen, an denen die Kohlezüge hielten oder langsam fahren mussten, warteten sie schon, meist Jugendliche. Sie kletterten auf die Waggons und warfen die Kohle hinunter. - Schon Ende 1945 fuhren wieder die ersten Fernzüge.
Es waren kalte Winter „Kohlenklau“ war oft die Rettung vor dem Erfrieren - Fotos Wikipedia
"fringsen" Kohlenklau mit Gottes SegenAm bitterkalten Silvesterabend vor über 75 Jahren hielt Josef Kardinal Frings jene berühmte Predigt, durch die sich viele Menschen zum Diebstahl von Kohle und Briketts ermutigt fühlten.
|
Besonders hart war der Winter der Jahre 1946/47, die Menschen froren bitterlich in den zerbombten Häusern und Wohnungen, die der Zweiten Weltkrieg hinterlassen hatte. Josef Kardinal Frings konnte das Leid nicht mit ansehen. Deshalb hielt er an Silvester im Kölner Dom eine Predigt, deren Bedeutung im Land schnell berühmt wurde. Fringsen erlaubte den Menschen in der Not zur Selbsthilfe zu greifen, auch gegen anders lautende Anordnungen von Behörden. So verstanden viele die Ansprache als Erlaubnis zum Kohlenklau - und griffen zu.
Sein Wahlspruch laute "Für die Menschen bestellt", sagte der in Neuss geborene Frings später, "also sah ich es als meine Aufgabe an, denen zu helfen, die in Not waren." Und weiter: "Ich selbst habe einen etwas kühnen Vorstoß gemacht bei der Zuteilung an Brand, der so gering war, dass dabei ein menschenwürdiges Leben nicht möglich war“.
Kohle als TauschobjektDirekt nach dem Krieg gab es ständig kalte Winter. Ein Paar Schlittschuhe zu haben, war mein größter Wunsch. Neue Schlittschuhe waren kaum zu kaufen, wenn doch, hätten meine Eltern das nicht bezahlen können. Die Lösung: gegen einen Zentner Briketts tausche mein Vater gebrauchte Schlittschuhe ein. Meine Schwester und ich mussten uns ein Paar hohe Schuhe teilen. Die Schlittschuhe, sogenannte Felgenkrätzer, wurden mit einem Schlüssel gegen die Schuhsohlen gespannt. Die Schuhe waren meine Alltagsschuhe und nicht besonders geeignet. Die Sohlen rissen während des Schlittschuhlaufens ständig ab, dann waren sie wieder beim Schuster. |
Die Nachkriegsjugend erkundet ihren Weg in die neue Freiheit
Nach einem vom Zweiten Weltkrieg geprägten Jahrzehnt waren die 1950er-Jahre die Dekade des Neubeginns. Jugendliche, die die Kriegsjahre höchstens als Kinder miterlebt hatten, stellten sich ihr Leben in der Regel anders vor, als ihre Eltern und Großeltern, die noch durch die Kriegserlebnisse und deren Folgen traumatisiert waren. Sie wollten eine eigene Jugendkultur, unbelastet von deutschen Traditionen. Die US-amerikanischen Soldaten brachten neue Lebensmöglichkeiten und eine andere Kultur.
Das war der älteren Generation fremd und galt als "undeutsch".
Anstelle von Hemden und Anzughosen kleideten sich die jungen Männer in T-Shirts, Lederjacken und Nietenhosen (Jeans), die Mädchen statt in Faltenröcken nun in Petticoats. Die Halbstarken bewegten sich männlich, zivil-lässig. Hand in der Hose, Zigarette im Mundwinkel, coole Blicke und Sprüche.
Es gab aber auch traditionelle Möglichkeiten für ein neues freies Leben. Man belegte einen Tanzkurs und Partner lernten sich kennen. Hausbälle waren in, und die Kellerbar angesagt. Die Bekanntschaft mit Cocktails, Long Drinks und anderen Mix-Getränken wurden erstmals gemacht. Wandergruppen wurden gebildet, die Männerchöre wurden nach den Kriegsverlusten wieder belebt. Das Pfadfindertum blühte wieder auf und die „Blaue Blume“ wollte gefunden werden. Die Eisenbahn nahm wieder Fahrt auf und man konnte in andere Regionen fahren.
Die Abfahrt, für mich ein großes Erlebnis, die erste Bahnfahrt. Ich höre noch heute die Dampflok in den Bahnhof einfahren. Es war das Jahr 1954, eine Fahrt mit dem Jugendsonderzug (Holzklasse) von Düsseldorf nach München. Von da aus zum Ferienziel, in das schöne Berchtesgaden.
Zu Beginn der 1960erJahre eine Bahnfahrt mit meinem Freund Ernst von Düsseldorf via Venedig – nach Brindisi, durch den Kanal von Korinth nach Athen. Mit Dr. Tigges Zeltreisen begaben wir uns auf die Spuren und die Kultur der alten Griechen.
Beeindruckend die Überreste des Tempels des Apollons in Delphi in Griechenland.
20.000 Kilometer Schienenwege
1835 begann in Deutschland das Eisenbahnzeitalter mit der Jungfernfahrt des „Adler“ von Nürnberg nach Fürth.
Diese Lokomotive war im englischen Newcastle gebaut worden. Schon drei Jahre später verließ als erste funktionstüchtige deutsche Lok die „Saxonia“ die Produktionshallen der Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Compagnie. Die weit sichtbaren Rauchwolken, das offene Feuer im Kessel und das laute Schnaufen der schwarzen Stahlrösser standen seitdem fast anderthalb Jahrhunderte für Fortschritt und Industrialisierung. 1870 verbanden 20. 000 Kilometer Schienenwege die wichtigsten Städte und Wirtschaftsgebiete Deutschlands.
Das Ende begann sich in den 1950er-Jahren abzuzeichnen. Als der Individualverkehr, die Massenmotorisierung auf der Straße, dem Personenverkehr per Eisenbahn einen starken Konkurrenzdruck machte. Ab da fuhr man mit dem Auto in Richtung Süden in Urlaub.
Ende der 50er Jahre stellte die Bahn den letzten „schwarzen Riesen“ in Dienst und am 26. Oktober 1977 fuhr die letzte Dampflokomotive der Bundesbahn aufs Abstellgleis.
Statt auf Kohle und Wasserdampf setzte die Bundesbahn nun auf Diesel- und starke Elektrolokomotiven. Die waren schneller, und man musste nicht alle 200 Kilometer die Fahrt unterbrechen, um Wasser und Kohle nachzufüllen. Außerdem sparte man den Heizer ein.
Der Dampflokheizer war noch vor 75 Jahren ein Knochenjob – er hätte die heute geforderte 35-Stunden-Woche redlich verdient. |
Die Bahn präsentierte sich als modernes Unternehmen und warb mit dem Slogan „Unsere Loks gewöhnen sich das Rauchen ab“ für umweltfreundlichere Technologie.
Mit Blasmusik und Medienrummel veranstaltete sie ein großes Abschiedsfest für das Dampfross.
Textquelle Wikipedia