Abgesang der Männerchöre
Abgesang,ein hartes Wort für das Sterben des vierstimmigen deutschen Männerchores.Sogar die Dachverbände sehen keine Zukunft mehr. |
Vor etwa 40 Jahren gab es in Wickrath und den dazu gehörigen Orten fast ausschließlich Männerchöre. Es war keine Frage, es wurde vierstimmig gesungen: 1. Tenor, 2. Tenor, 1. Bass und 2. Bass. Hier waren Väter und Söhne, Onkel und Vettern aus einer Familie vertreten. Die Chöre hatten damals noch eine Stärke von ca. 40 Sängern, gut gemischt aus alt und jung.Man war somit Konzert fähig und unternahm auch Sänger-Reisen, wo auch die Frauen mit von der Partie waren.
Die Chöre in Wickrath:
Wickrather MGV 1861,der älteste Chor in Wickrath, bei einem seiner letzten Auftritte im März 2018, beim Singen der „Chöre“ in der evangelisch Kirche.(Foto: HuVV Wickrath) | |
MGV-Eintracht-Wickrathhahn 1895,die letzte Sängerfahrt, mit der Chorleiterin Ellen Hinkel, ging 2016 an die Mosel. Am 30. Juni 2017 wurde der Chor abgemeldet. | |
MGV „Waldeslust“ 1906 Buchholzsingt nur noch im kleinen Kreis zum eigenen Vergnügen. | GV „Einigkeit“ Beckrath 1879wurde im Jahre 2005 zu einem gemischten Chor umgewandelt. |
Einzig noch aktiver Männerchor ist der „GV Eintracht „Wickrathberg“beim Singen der Wickrather Chöre |
Anders als heute waren die Sänger jünger und standen noch im Arbeitsleben
Der MGV Cäcilia Schiefbahn blickt auf eine lange Geschichte zurück. Dreimal hintereinander wurde in den 80er und 90er der Meisterchortitel erreicht. Konzertreisen nach Österreich, Bayern und 1991 erstmals ein Besuch in Sachsen, waren Höhepunkte im Chorleben. Heute besteht der Chor noch aus 18 aktiven Sängern. Auch hier konnten keine jungen Männer für den Chorgesang geworben werden.
Vorfahren und Verwandte des Autors waren begeisterte Sänger der Cäcilia.
Der Zweite Weltkrieg hatte fast alle Männerchöre dezimiert. Viele Sänger waren gefallen oder kamen kriegsbeschädigt nach Hause. Es dauerte lange, die Vereine wieder aufzubauen und junge Männer für das Singen zu gewinnen. In dieser Zeit bildeten sich in Mönchengladbach Werkchöre, die im Wettstreit miteinander, jeder der beste sein zu wollen, miteinander konkurrierten.
Außer der Druckerei B. Kühlen gab es den Chor der Maschinenfabrik Müller. Der Chor der Druckerei Lapp war der dritte im Bunde, dort wurde auch die „Deutsche Sängerzeitung“ gedruckt. Kurt Eckardt, Miteigentümer der Fa. Lapp, war ein großer Förderer des Deutschen Männerchores und gleichzeitig der Vorsitzende des Deutschen Sängerbundes.
Der Chor der Druckerei B. Kühlen singt auf den Stufen von Schloss Benrath
„ Das Morgenrot“ Am kühlenden Morgen, wenn alles noch ruht … Foto: Werner Marx
Bis in die 70/80ziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hatten die Chöre noch ein gesunden Altersdurchschnitt. Ab da wurde es schwierig die Chorstärke zu halten, aber man hatte noch nicht das Gefühl, der vierstimmige Männerchor wäre gefährdet. Dann war es plötzlich zu spät.
Die jetzt noch existierenden Chöre sind durchweg im Rentenalter. Ein Vorschlag wäre, sie auch so zu bezeichnen. Wichtig wäre, Lieder zu wählen, die den alten Stimmen gerecht werden. Man sollte sich nicht scheuen auch einstimmig zu singen. Hierbei gäbe es keine Altersgrenzen. Singen kann man in jedem Alter und es erhält zudem die Lebensfreude!
Die Versuche die Lieder auf dreistimmig zu trimmen sind gescheitert und absolut nicht mit dem klassischen vierstimmigen Männerchor zu vergleichen.
Wer sich als ehemaliger Chorsänger eine Freude machen möchte, gehe auf „Youtube“und wähle die „Menskes Chöre“ FREI WEG MARSCH mit großem Orchester.
Die englischen Männerchöre haben frühzeitig reagiert. Die englische Sprache ist es nicht, die den Chorgesang interessant macht, sondern die Art der Arrangements aus dem englischsprachigen Raum. Man kann sagen, dass diese Stücke einfach besser gemacht sind.
Was sich seit einigen Jahren etabliert hat sind Gospelchöre, hier singen Frauen und Männer gemeinsam. Ebenfalls stark vertreten sind reine Frauenchöre. Auch hier sieht man einen höheren Altersdurchschnitt. Nachwuchs bzw. Jugendchöre sind seltener. Hier müsste man gegen wirken.
Im jetzt und heute drängt zudem die Corona Pandemie das Singen in den Hintergrund. Regelmäßige Proben sind kaum noch möglich. Von zu hause aus seine Stimme mit den heutigen Möglichkeiten, zu einem ganzen zu mischen, macht keinen rechten Spaß, es verhindert das Gemeinschaftsgefühl. Das Singen in der Kirche, wäre für viele ein Ausweg, aber hier gilt Maskenpflicht. Gemeinsam zu summen sollte man den Bienen überlassen.
Was noch frisch und jung an Jahren ... Mädchen und Jungen zu Pfingsten 1954 auf Wanderschaft Foto: Werner Marx
Was man zudem bedauern kann, dass das gemeinsame Singen in Vereinen, Familien und auf der Wanderschaft nicht mehr gepflegt wird. Wenn Freunde sich trafen brauchte es nicht lange und man kam zum Singen. Einer stimmte ein Lied an und alle sangen mit, weil sie Melodie und Text „drauf hatten“! Zur Unterstützung hatte man des „Sängers Trabant“ oder die „Mundorgel“. War eine Gitarre oder sogar eine Harmonika dabei, vergrößerte sich die Sängerschar.
Der Inhalt dieses Volksliedguts war auch ein Erleben und Betrachten im Jahresrhythmus. Im Frühling begrüßte man den Mai mit Gesang und Tanz. Im Sommer dankte man für den Erntesegen. Beim Lied „Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder“ beginnt der Herbst.
Danach sang man zu Nikolaus und die Adventszeit begann. Das alles ist schon jetzt verblasst.
Deshalb wäre es wichtig, dem Singen in den Kindergärten und den Schulen ein stärkeres Gewicht zu geben, um auszudrücken, das Singen zum Leben gehört und das Gemeinschaftsgefühl fördert.
Werner Marx